Waldorfkindergärten beruhen auf den Ideen von Rudolf Steiner (1861-1925), dem Begründer der Anthroposophie. Die erste Waldorfschule wurde 1919 in Stuttgart gegründet, 1926 folgte dann der erste Waldorfkindergarten. Heute gibt es bundesweit über 550 Waldorfkindergärten. Für viele Eltern stellen sie eine angenehme Alternative zu den gängigen Kindergärten dar – auch, wenn das Kind später keine Waldorfschule besuchen soll. In Waldorfkindergärten werden gewöhnlich Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren betreut – Krippenbetreuung für die ganz Kleinen ist eher selten. Zwar hat jeder die Möglichkeit, sein Kind in einem Waldorfkindergarten anzumelden, doch ist eine Identifikation mit den Werten und Methoden der Waldorfpädagogik erwünscht.
Zu den Prinzipien der Erziehung in einem Waldorfkindergarten gehören unter anderen:
Gemäß dem anthroposophischen Menschenbild sind Kinder in die Elemente Leib, Seele, Geist und Ich geteilt sowie in ihr seelisches Erleben: Denken, Wollen und Fühlen. Um sie zu fördern, wird viel auf das Nachahmungsprinzip gesetzt. Waldorfpädagogen glauben, dass Kinder alles imitieren und nachspielen, was sie erleben – und zwar mit allen erdenklichen Mitteln aus Sprache, Bewegung und Geräuschen. Demnach haben sie eine Freude daran, die Welt mit all ihren Sinneseindrücken im Spiel abzubilden und nachzuahmen. Werden sie darin gefördert, können sich ihr Gehirn und ihre sozialen Fähigkeiten positiv entwickeln. Es wird davon ausgegangen, dass in den ersten sieben Jahren die erwachsene Bezugsperson als Vorbild unverzichtbar ist und das Kind das verinnerlicht und nachmacht, was diese ihm vorlebt. Daher steht eine enge, liebevolle Bindung zu einem Bezugserzieher im Waldorfkindergarten im Vordergrund. Diese Bindung soll für Zukunft prägend sein. Neben der Bezugspädagogik sollen auch feste Strukturen den Kindern Sicherheit und Geborgenheit geben und ihre Entwicklung unterstützen. Diese Strukturen werden in zyklischen Tages- und Wochenabläufen umgesetzt.
Rudolf Steiner glaubte, dass gängiges Spielzeug „tot“ sei und den kindlichen Geist nicht anrege. Daher sieht die Pädagogik eines Waldorfkindergartens vor, dass Kinder Gegenstände mit allen Sinnen begreifen können. Und diese finden sie vor allem in der Natur vor und denken sich dazu etwas aus. So wird ein großes Blatt zum Flugzeug, ein Stück Baumrinde zum Boot. Sandburgen und Höhlen werden gebaut, aus Naturmaterialien „gebacken“ und „gekocht“. So erleben Kinder Sinneseindrücke nicht nur über den Verstand, sondern haben auch eine Gefühlsreaktion darauf. Wichtig für die Hirnentwicklung, so die Waldorfpädagogen. Freispiel mit der Möglichkeit, Spielzeuge zufällig zu entdecken und sich dazu eine Geschichte auszudenken, ist ein wichtiger Bestandteil der Betreuung im Waldorfkindergarten. Kreativität und lebendiges Denken werden großgeschrieben. Wer sich für einen Waldorfkindergarten als Betreuungsstätte für sein Kind entscheidet, wird sich wahrscheinlich für den musisch-kreativ-künstlerischen Ansatz begeistern und die klaren Strukturen befürworten. Gegner von Waldorfkindergärten kritisieren meist das anthroposophische Weltbild, die starke Vorbildfunktion der Erzieher und die mitunter starren Abläufe.
Waldorfkindergärten sind meist gemeinnützige Vereine basierend aus Elterninitiativen. Eltern sind generell stark eingebunden. Die Beiträge sind meist höher als bei konventionellen Kindergärten, werden aber durchaus bezuschusst. In Hamburg sind sie beispielsweise ans Kita-Gutscheinsystem angegliedert. Staatlich anerkannte Erzieher können sich zum Waldorferzieher weiterbilden lassen in einem zwei- bis dreijährigen Seminar. Diese Seminare werden in zehn deutschen Städten angeboten, außerdem gibt es einen Fernstudiengang in Jena.
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